Es
war einmal, vor gar nicht allzu langer Zeit, da lebte eine Frau mittleren
Alters, mit goldenen Haaren und blauen Augen. Sie lebte ganz allein in ihrer
kleinen bescheidenen Behausung. Sie glaubte, sie wäre glücklich und alles liefe
seinen richtigen Weg.
Früher
einmal hatte sie von der großen romantischen Liebe geträumt. Wie alle kleinen
Mädchen hoffte sie, dass eines Tages ein Prinz auf einem großen weißen Pferd
daherkomme und sie mit sich nimmt, in sein großes Schloss.
All
ihre Freundinnen spielten damals mit Puppen, sie, nennen wir sie Bibiane, hatte
nie wirklich Interesse an Puppen. Sie fand sie sogar doof. Bibiane spielte viel
lieber mit Autos und Teddys. Beim Mutter und Kind spielen, wollte sie immer der
Vater sein. Nie die Mutter oder das Kind.
Ihre
Mutter machte sie immer recht hübsch, mit Kleidern und Spangen im Haar. Die
allerdings nicht lange in ihrem dünnen goldenen Haar hielten. Überhaupt spielte
sie viel lieber mit Jungen als mit Mädchen. Die waren ihr zu langweilig.
Wollten nur mit Puppen spielen und über Jungs reden.
Bibiane
kletterte lieber auf Bäume, buddelte in der Erde oder ging mit den
Nachbarsjungen, im Wäldchen nebenan, auf Abenteuerreise.
Schnell
merkte sie, dass sie lieber Hosen als Kleider trug und auch keine Angst davor
hatte, sich dreckig zu machen.
Ihre
Mutter verzweifelte schon manchmal, wie verdreckt Bibiane manchmal nach Hause
kam. Und auch sonst, war sie für jeden Streich zu haben.
Klingelmännchen
in der Nachbarschaft, Telefonstreiche, einfach mit dem Fahrrad in die nächste
Stadt fahren, ohne den Eltern etwas davon zu sagen.
Sie
war ein richtiger Lausbub und hatte an Jungen überhaupt kein Interesse. Nur als
Spielkameraden waren sie ihr sehr willkommen.
Dann
wurde Bibiane älter. Sie kam in die Schule und lernte neue Freundinnen kennen.
Diese schwärmten wieder nur von Jungen, wie toll und stark die wären und
stritten sich darüber, wer am besten küssen konnte.
Bibiane
verstand diese ganze Hysterie nicht. Aber sie machte mit, um dazu zu gehören. Sie
ging auf ihre ersten Partys, tanzte mit irgendwelchen Jungen, die ihr
eigentlich völlig egal waren und knüpfte die ersten zarten Bande.
Ihre
erste sexuelle Erfahrung machte sie dann mit vierzehn Jahren. Sie trat
einer
Musikkapelle bei und lernte dort einen Jüngling in ihrem Alter kennen.
Im
Haus seiner Eltern und auch noch in deren Bett, machte sie dann die erste
Bekanntschaft mit einem erregten Glied. Aber da war nur anfassen. Mal kurz
berühren, sie traute sich nicht einmal genauer hinzusehen. Diese „Beziehung“
dauerte dann auch nicht mehr lange. Bibiane war froh, als sie beendet war.
Danach
folgte lange nichts. Um nicht als sonderlich
zu gelten, spielte sie das Spiel ihrer Freundinnen mit. Sie sprach über
Jungs und Männer, schwärmte für den einen oder anderen Filmstar oder Sänger,
log darüber, dass sie schon Sex gehabt habe, nur um dazu zu gehören. Obwohl
Bibiane schon immer sehr selbstbewusst war und auch immer schon genau wusste
was sie wollte, war ihr die Freundschaft zu den anderen Mädchen und später
Frauen, doch sehr wichtig. Überhaupt war sie immer sehr harmoniebedürftig und
konnte es nicht haben, wenn sie mal Streit mit einer Freundin hatte.
Als
sie älter wurde, merkte sie, dass ihre Freunde sich immer auf sie verließen.
Sie arrangierte die Fahrer, wenn es in die Disko gehen sollte, sie machte
Vorschläge, wenn wieder keiner mal wusste, was sie unternehmen sollten. Und
alle akzeptierten sie. Aber Bibiane wurde auch oft von Freundinnen enttäuscht.
Aber das hielt sie nie davon ab, zu verzeihen und zu vergeben. Manche Freundin
hat sie für einen Jungen oder Mann fallen gelassen. Aber sie verlor nie den
Glauben an die Liebe oder die Freundschaft.
Bibiane
war ein Spätzünder, was den Sex betraf. Entjungfert wurde sie von ihrem zweiten
Freund im Auto mit dem Finger. Richtiger Sex kam dabei nicht zustande. Auch
diese Beziehung beendete sie schnell wieder. Dann kam der Mann, mit dem sie
ihren ersten Sex haben sollte. Es war nicht romantisch, nicht schön und sie war
froh, als es vorbei war. Es geschah auf dem Beifahrersitz seines Autos. Sie fühlte
nichts dabei, nur einen unangenehmen Schmerz. Danach schliefen sie öfter
zusammen und es wurde besser und Bibiane bekam sogar richtig Spaß daran. Dieser
Freund konnte sehr lange Sex machen, was ja eigentlich nicht schlecht war, doch
das Ganze war für Bibiane eine Tortur. Während er sich auf ihr abmühte um zum
Höhepunkt zu kommen, wartete sie nur darauf, dass er endlich fertig werde. Manchmal
war sie schon trocken, während er noch weiterrubbelte. Einen Orgasmus hatte sie
nie. Das änderte sich auch nicht bei ihren anderen Freunden. Sie hatte zwar
mehr Spaß am Sex, war aber immer darauf bedacht, dass er seinen Spaß hatte.
Ihre Erfüllung stellte sie immer hinten an. Orgasmen spielte sie immer vor,
damit die Männer dachten, sie machten alles richtig.
Ihre
Beziehungen hielten immer nur ein bis zwei Jahre maximal. Und immer war sie
froh, wenn es vorbei war. So groß die Verliebtheit am Anfang auch war, am Ende
war sie glücklich, wieder allein zu sein. Nach ihrer letzten Beziehung mit
Mitte dreißig, hatte sie dann noch einige One Night Stands bis sie schließlich
für sich beschloss, endgültig mit der Liebe abzuschließen.
Ihre
Beziehungen waren am Ende immer so enttäuschend gewesen, dass sie sich diesen
Gefühlen nicht mehr aussetzen wollte.
Doch
dann geschah etwas Seltsames. Sie hatte zwar schon immer bemerkt, dass sie die
eine oder andere Freundin auf eine andere Art mochte, als normale Freundschaft.
Sie ertappte sich manchmal dabei, wie sie sich vorstellte ihre Freundin zu
küssen, oder gar Sex mit ihr zu haben. Am Anfang errötete sie innerlich immer
dabei und verdrängte diese Gedanken.
Doch
je mehr Zeit ins Land ging und je länger Bibiane allein lebte überkam sie mehr
und mehr das Gefühl, dass da etwas war, was sie sich nicht erklären konnte.
Oder doch?
Sie
ertappte sich dabei, wie erregt sie wurde, als in einem Film zwei Frauen sich
küssten und Sex miteinander hatten. Ihr gefiel die Vorstellung mehr und mehr.
Bibiane fing an speziell nach Filmen zu suchen, in denen Frauen Sex miteinander
hatten. Sie las Bücher, Liebesgeschichten in denen Frauen in Frauen verliebt
waren. Doch ihr war klar, auch wenn sie diese Vorstellung erregte, mit einer
Frau Sex zu haben, sie würde das niemals ausleben können. In ihrem Lande war es
zwar nicht verboten gleichgeschlechtliche Beziehungen zu haben, aber sie könnte
das ihren Eltern niemals erklären. Sie würden das nicht verstehen. So wie sie
über Homosexualität dachten, hätte es gar keinen Sinn. Und Bibiane wollte von
ihren Eltern nicht verstoßen werden.
Also
lebte sie ihre Fantasien ganz im Geheimen aus, lies Filme in ihrem Kopfkino
ablaufen, las Bücher und sah sich Filme und Serien über das Thema lesbisch an.
Viele
Jahre ging das so, ihre Freunde hatten nicht die geringste Ahnung, was in ihr
vorging. Bibiane baute eine Mauer um sich herum auf. Sie spielte eine Rolle und
das verdammt gut. Sie ließ niemanden hinter ihre Fassade blicken und spielte
ihren Part. Sie lebte viele Jahre allein, war glücklich dabei, ging mit
Freunden aus, hatte Spaß und arrangierte sich mit der Situation. Doch innerlich
blieb die unerfüllte Sehnsucht nach Zärtlichkeit, Liebe, Verständnis und
sexueller Erfüllung. Aber das hätte sie niemals zugegeben. Wenn die sexuelle
Spannung zu groß wurde entspannte sie sich selbst und das reichte ihr. Sie war
glücklich und zufrieden bis, ja, bis dann eines Tages…
Bibiane
war schon immer eine begeisterte Schreiberin. Sie hatte so viele Geschichten im
Kopf, die sie gern zu Papier bringen wollte. Doch schreiben macht nur halb so viel
Spaß, wenn es weiter keiner liest. Also beschloss sie, im Internet einen Blog
einzurichten. Das war nichts Ungewöhnliches in dem Königreich, in dem sie
lebte. Anonym richtete sie eine Seite ein, auf der sie über ihre Gedanken und
Gefühle zum Thema Liebe zwischen Frauen schreiben konnte. Sie schrieb den einen
oder anderen Artikel. Zunächst sahen nicht viele Leser ihre Seite. Aber das war
ihr egal, schließlich schrieb sie ja in erster Linie für sich. Doch dann kamen
immer mehr Leser dazu. Sie bekam auch den einen oder anderen Kommentar. Doch
für ihren Geschmack waren das zu wenige. Also startete Bibiane einen Aufruf auf
ihrer Seite und bat um mehr Resonanz.
Zunächst
geschah nichts, doch dann, plötzlich, eine Email von einer unbekannten Frau.
Sie benutzte das Pseudonym Marlene Schanze. Sie schrieb Bibiane einen kurzen
Brief in dem sie ihr mitteilte, dass sie ihre Seite sehr ansprechend fände.
Dass sie in einer festen Beziehung mit einem Mann lebe und sie ihre Gefühle
auch nicht ausleben könne.
Bibiane
freute sich über die kurze Nachricht. Hatte sich doch bisher niemand sonst
geäußert. Also schrieb sie dieser Unbekannten zurück.
Daraus
entwickelte sich ein mehr oder weniger regelmäßiger Emailaustausch.
Fortsetzung folgt……
Alle
Namen und Orte sind frei erfunden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Freue mich über jede Nachricht.