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Sonntag, 25. September 2016

Mein Schatz am Ende des Regenbogens (unsere wahre Geschichte)



Dies ist die wahre Geschichte einer Frau, die längst aufgegeben hatte, an die Liebe zu glauben und einer Frau, die immer an dem Glauben, die Liebe existiert irgendwo da draußen, festgehalten hat. Und diese Geschichte ist noch nicht zu Ende.


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Da stand ich nun, am Bahnsteig 1 unseres kleinen Bahnhofes.  In ein paar Minuten sollte der Zug einfahren und in diesem würde sie sitzen. Ich war nicht wirklich aufgeregt, zumal ich noch vor einer guten Stunde einen Disput mit meinem Chef hatte. Wir hatten zwar abgesprochen, dass ich eine Stunde eher Feierabend machen kann, damit ich mich noch frisch machen konnte, doch er meinte plötzlich seine Meinung ändern zu müssen und knallte mir an den Kopf, dass eine halbe Stunde wohl auch reichen würde. Da wusste ich noch nicht, dass ihr Zug Verspätung hatte. Also diskutierte ich ziemlich energisch mit ihm. Nach einigem hin und her hat er schließlich nachgegeben und ich durfte gehen. Deshalb war meine Laune jetzt nicht auf dem Höhepunkt, aber ich freute mich trotzdem schon sehr auf meinen, noch unbekannten, Besuch.
Ich war viel zu früh am Bahnhof, für mich eigentlich nicht üblich, und prompt hatte der Zug 10 Minuten Verspätung. Da es Februar war und die Temperaturen dementsprechend kalt, blieb ich im Bahnhofsgebäude stehen und beobachtete die Menschen, die dort ein und aus gingen.
Ich kann gar nicht mehr wirklich sagen, was mir so alles durch den Kopf ging. Aber ich dachte schon darüber nach, wie ich sie begrüßen sollte, wie sie wohl auf mich zukommen und wie unser erstes Treffen ablaufen würde.
Dann ertönte die Durchsage und kündigte die Ankunft des Zuges an. In diesem Moment wurde mir bewusst, nun gibt es kein Zurück mehr. Jetzt steigt sie gleich aus dem Zug. Mein Herz schlug etwas schneller und die Aufregung stieg.
Aber ich greife zu weit vor, ich sollte die Geschichte von Anfang an erzählen:

Ich hatte immer schon viel Spaß am schreiben. Habe so für mich kleine Geschichten geschrieben, die nie Jemand zu lesen bekam. Einmal habe ich allerdings eine Weihnachtsgeschichte geschrieben, die dann auch tatsächlich in unserer hiesigen Tageszeitung veröffentlicht wurde.
Irgendwann hatte ich dann die Idee, einen Blog zu schreiben, vielleicht gäbe es ja Menschen, die tatsächlich das, was ich da von mir gäbe, interessant fänden.
Also, gesagt getan, richtete ich mir einen Blog ein und fing an über meine Gedanken und Fantasien über lesbische Liebe zu schreiben.
Ich, Sandy, war da 53 Jahre jung, war nie verheiratet, hatte keine Kinder und war mit meinem Single-Dasein völlig zufrieden. Zumindest bis zu diesem einen gewissen Zeitpunkt. Aber dazu später mehr.
Nachdem ich den Blog eingerichtet hatte, schrieb ich fröhlich drauflos. Gedanken, Geschichten oder auch Gedichte, die ich schön fand.
Mir machte das Schreiben sehr viel Spaß und am Anfang machte es mir auch nichts aus, dass sich niemand zu meinen schriftlichen Ergüssen äußerte. Doch nach einigen Monaten,  hatte ich die witzige Idee, es wäre doch schön, wenn ich den einen oder anderen Kommentar zu meinen Geschichten bekäme. Doch leider blieben diese nach wie vor aus. Also startete ich im Februar 2014, am Ende einer Geschichte, einen Aufruf. Ich schrieb meine Email-Adresse und folgenden Text: Ich freue mich über jeden Kommentar, jede Anregung oder einfach nur über ein Hallo.
Ich freute mich schon tierisch auf die vielen Kommentare. Aber, es geschah zunächst nichts. Nach einigen Tagen hörte ich dann auch auf, jeden Tag in mein Postfach zu schauen. Aber ich lies mich nicht beirren, ich schrieb nach wie vor in unregelmäßigen Abständen über meine Gedanken und meine Fantasien. Schließlich schrieb ich ja in erster Linie für mich.
Und dann kam der Tag, der mein ganzes Gefühlsleben auf den Kopf stellen sollte.
Am sechsten April schickte mir eine Frau, nennen wir sie Maren, eine Mail.
Ich war total aus dem Häuschen, endlich eine Reaktion auf meinen Blog.
Ihre Nachricht war recht kurz, doch ich freute mich trotzdem sehr darüber:

Hallo Sandy, habe deinen Artikel Heute gelesen und fand ihn sehr ansprechend. Es  geht mir ähnlich wie dir und möchte mich deshalb mit dir austauschen. Ich bin Mitte 40 und im sozialen Bereich tätig und lebe in einer festen Beziehung mit einem Mann. Ich kann daran auch nichts ändern. Meine Gedanken und Gefühle kennt niemand und darf auch niemand erfahren. Vielleicht antwortest du ja mal. Bis dann. Maren.

Obwohl diese Nachricht nur ein paar Zeilen enthielt, las ich sie mehrmals. Ich freute mich wie ein Kind und antwortete ihr drei Tage später (hatte die Mail erst später gelesen):

Hallo Maren,
zunächst einmal vielen Dank für deine Nachricht.
Gern tausche ich mich mit dir aus. Wenn ich deine Nachricht lese, beschleicht mich das Gefühl, dass du mir viel zu erzählen hast. Aber das gilt ja auch für mich.
Ich bin Anfang 50 und schon lange in keiner festen Beziehung mehr. Irgendwie hat mir immer etwas gefehlt, oder ich war die Männer nach einer Weile leid.
Das hört sich jetzt vielleicht herzlos an, doch heute weiß ich, warum es so war.
Ich freue mich jetzt schon sehr auf einen regen Austausch mit dir.

Liebe Grüße Sandy

Aus diesen beiden Mails entwickelte sich ein reger Austausch.  Erst nur alle paar Tage, manchmal lagen sogar Wochen dazwischen, dann wurden die Abstände immer kürzer bis wir schließlich zu SMS übergingen.
Ich lernte sie immer besser kennen. Wir tauschten uns über alles Mögliche aus. Erzählten uns Dinge, die wir sonst niemandem erzählen konnten. Ihr Stil gefiel mir, hatte ich mich doch schon oft mit Männern ausgetauscht, die ich über Singleseiten kennengelernt hatte. Da hatte ich oft die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen.So grausig war die Grammatik oder das was sie schrieben. Allerdings galt dies auch für einige Frauen mit denen ich gechattet hatte.
Sie schrieb sehr freundlich, höflich und humorvoll und all das gefiel mir sehr.
Doch mein Handicap war, dass ich in der langen Zeit meines Singledaseins eine dicke Mauer um mich herum gebaut hatte, um nicht verletzt oder enttäuscht zu werden. Ich hatte einfach keinen Bock mehr auf Herzschmerz und all das Gesülze. Und ausßerdem wusste ich nicht so recht, was ich mit meinen Gefühlen für Frauen anfangen sollte. Stand ich nun wirklich auf Frauen? Mit allem drum und dran? In dieser Hinsicht war ich noch sehr unsicher. Also habe ich, als ich das Gefühl bekam, die ganze Sache wird zu persönlich, bzw. sie könnte mir zu nahe kommen, sie derbe vor den Kopf gestoßen.
Ich weiß nicht mehr genau was sie geschrieben hatte, mittlerweile waren wir schon zu Whatsapp übergegangen, jedenfalls sinngemäß, dass sie mich vermisst hätte. Ich schrieb darauf: „Ich dich nicht.“ Mehr nicht. Darauf folgte von ihr nur Schweigen. Was hätte sie auch darauf sagen sollen. Aber ich setzte noch eins drauf. Ich schrieb noch hinterher: „Du brauchst jetzt nicht die Beleidigte spielen. Aber keine Antwort ist auch eine Antwort.“
Bumm. Da war es raus. Damals dachte ich, ich hätte das Richtige getan. Meine Freiheit beschützt, mein Singledasein erhalten und…….mein Gott, war ich blöd damals.
Damit, so hat sie mir später erzählt, hatte ich sie ganz schön getroffen. Das war mir damals aber nicht bewusst. Heute, wenn wir uns manchmal noch darüber unterhalten, habe ich immer Tränen in den Augen, weil mir das so unendlich leid tut. Nur damals wusste ich nicht, was ich damit bei ihr anrichte. Und mir erschien es richtig. Also war dann erst mal Funktstille.

Fortsetzung folgt